Allein die Musen und Grazien geben keine glänzenden Abendunterhaltungen, und die Unwissenheit und Flachheit des Wirthes benehmen seinem Chateau Margaux nicht das Bouquet, den Trüffeln in seinen Feldhühnern nicht den angenehmen Duft, den seltenen Früchten, die in reicher Fülle die Tafel zieren, nicht die süßanlockende Würze. Es ist ein arg zugerichtetes Gemälde und in seinem gegenwärtigen Zustande ungenießbar. Freilich merkt man an seiner Unterhaltung, an den derben Ohrfeigen, die er in seinem Gespräche unablässig der Grammatik versetzt, an seinen gemeinen Redewendungen, an der Plattheit seiner Gesichtszüge und an seinem ganzen Gebahren, daß die Musen und Grazien nicht an seiner Wiege gelächelt. Er sah indessen nach und nach ein, daß man nicht seinetwegen, sondern wegen seiner verschwenderischen Gastfreundschaft kam, daß nur wenige von den zahlreichen Gästen seinen Namen auszusprechen wußten, und daß dieser in den Blättern nur verstümmelt abgedruckt war. Der Parvenü liest die Schilderung seiner Feste und die Namen seiner Besucher in der Indépendance Belge, und er unterläßt auch nicht, die betreffenden Exemplare dieses vielgelesenen Blattes in einem Salon auf den Tisch zu legen, wo die neuesten Erscheinungen der Literatur die vergoldeten Rücken zeigen.


Plötzlich wird er durch einen unbedeutenden Geldverlust, den ihm einer seiner Neffen verursachte, gemüthskrank, setzt sich in den Kopf, seine Verwandten wollen ihn an den Bettelstab bringen, und verfällt endlich in Wahnsinn. Mehrere günstige Gelegenheiten, die er dort keck beim Schopfe faßte, machten ihn in Kurzem zum vermögenden Mann. Andere betrachten ihn als eigenständige Sorte. Es giebt in Paris gar manche Crösusse, deren Herz viel weiter ist, als ihr Gewissen, und die nicht freiwillig aus fremden Ländern hier eingewandert sind. Da sieht man denn Ritter, Trüffelsuche die sich selbst zu Rittern geschlagen, Grafen, deren Grafschaften in unentdeckten Ländern liegen, Marguisinnen mit langen Namen und Schleppen und in deren Blicken das Vestafeuer längst erloschen, Prinzessinnen, von denen die Philosophie des Gothaischen Almanachs sich nichts träumen läßt und deren Verwandte, wer weiß wo, mit Schwefelhölzchen handelten oder gar die Straßen kehrten. Die gemüthlichen Bürger der Pleißestadt blicken mit einem gewissen Stolz auf diese neue Schöpfung, die, von dem Schützenhausgarten aus gesehen, in der That einen äußerst gefälligen Anblick bietet. Ein Fisch kann nun freilich nicht auf die Länge als Augenweide dienen, ohne zu beleidigen, hingegen giebt es in Paris immer Früchte von seltener Schönheit, die während einer Wintersaison in unzähligen Häusern auf den Tafeln erscheinen, und es kann wohl geschehen, daß der Gast eine Birne, die er im Januar auf einer Tafel in der Rue Richelieu gesehen, im Februar auf einer andern Tafel in einem ganz entgegengesetzten Stadtteile als alte Bekanntschaft wieder begrüßt.


Es giebt in Paris nicht wenig Emporkömmlinge, die alte Porträts in Perrücken und besternten Fräcken kaufen und dieselben als Conterfeis ihrer Vorfahren an die Wände hängen; ja, sie lassen wohl auch zu diesem Zweck Feldherren und Admiräle in den absonderlichsten Uniformen malen. Er kauft auch wohl alte Rüstungen und stellt sie in einem besonderen Saal auf, und wenn er dieselben seinen Besuchern zeigt, geberdet er sich, als ob diese Helme und Harnische von seinen Ahnen in wüthenden Schlachten getragen worden wären, während seine Ahnen friedliche Pfefferduten drehten, oder Scheere und Bügeleisen hantierten. Mit den Millionen aber wächst der Ehrgeiz, und dieselben Leute, die früher in Verlegenheit waren, wie sie den Termin bezahlen, oder eine winzige Schneiderrechnung berichtigen sollten, dieselben Leute ärgern sich jetzt, daß sie nicht in die Tuilerien geladen werden, oder daß Adelina Patti noch nicht in ihren Soiréen gesungen. Die Würden bringen nicht zu Geld; das Geld aber bringt heutzutage zu allen Würden, bis auf die persönliche, an der freilich nicht viel liegt.


Diese Methode unter dem Mikroskop ist die bis Dato erfolgsversprechenste. In den hellen Räumen des Krystallpalastes also fand, wie gesagt, vom 1. bis 5. Februar die vierte deutsche Verbandskochkunst-Ausstellung statt, welche ihre drei Vorgängerinnen in ungeahnter Weise übertraf und für die betreffenden Fachkreise von weittragender Bedeutung wurde. Freilich giebt es auch Parvenüs, welche die Besinnung nicht ganz oder nicht für immer verlieren, und bei dieser Gelegenheit sei ein Landsmann lobend erwähnt. Er besucht daher häufig das Hotel Drouot und läßt sich von einem Bilderhändler zuflüstern, welche Werke er kaufen, wie viel er dafür bieten soll. Er hat die fixe Idee, daß er nur eilf Hemden besitze und daß ihm die Mittel fehlen, das zwölfte zu kaufen, und es zu einem anständigen Dutzend zu bringen. Dieß Mittel ist nicht zureichend, doch scheint es mir vor der Hand nicht gar unnütz zu seyn, besonders wenn man die Krankheit im Herbste gewahr wird, wo es unklug wäre, die nahe liegenden gesunden Kiele auszugraben. Wie nun solch ein Werk, die Quintessenz venezianischer Kunst, so lange Zeit unbeachtet bleiben konnte, wäre für mich geradezu ein Räthsel, wenn ich nicht aus langer Erfahrung wüßte, daß in Sachen der Kunst das unglaublichste allerdings möglich ist.